Für dich gut genug ...

Schöner Artikel im Buchreport: Joachim Leser, Die Amazonisierung des Sortiments (wird fortgesetzt). Wie hat Amazon in den letzten zehn Jahren den Buchhandel verändert?

Am dramatischsten aus meiner Sicht: wie sehr sich der Blickwinkel verändert hat. Früher ging die Richtung vom Kunden zur Ware. Heute ist es genau andersrum.

Ich erinnere mich noch an meine Lehrzeit. Unsere Frau Miller aus der Belletristik hatte ein paar Spezialkunden, die immer wieder mal reinkamen. Und da sagte sie dann ab und zu: "Ach, Herr XY, schauen Sie doch mal, da hätte ich vielleicht was für Sie." Und zeigte ihm ein paar der aktuellen Neuerscheinungen, von denen sie annahm, die konnten für ihn interessant sein.

Ganz generell war die Frage immer an den Kunden: Was suchen Sie denn? Was lesen Sie, wofür interessieren Sie sich? Und anhand der Kundenwünsche wurde die Ware ausgesucht und notfalls geordert.

Heute läuft das so, daß man dem Kunden sagt: Da. Kauf das. Alle anderen kaufen es schließlich auch, da wird es für dich ja wohl gut genug sein.

Die totale Geringschätzung des Kunden. Aber hey - sie lassen es ja mit sich machen. Schlimmer: Sie wollen es nicht anders.

Ceterum censeo: Ich fand immer schon, daß "Brave New World" tiefgründiger ist als "1984".