Charlotte Roche oder: Noch mehr kaputte Sachen

Heute brachte die "Seite Drei" der Süddeutschen Zeitung einen Artikel über Charlotte Roches prädefinierten neuen Bestseller, der mich ziemlich nachdenklich gemacht hat. Wie schon beim ersten Roman der jungen Dame hatte ich wenig von dem ganzen Hype mitbekommen - was nicht unwesentlich damit zusammenhängen dürfte, daß ich keine Ahnung hatte, wer oder was Fräulein Roche ist.

Aber das ist ja alles, was zählt. Nicht die Geschichte - der Autor.

 

Daß hier eine Familie offenbar nur noch über Medien und Anwälte miteinander verkehrt, ist schlimm genug. Aber muß ich mich wirklich von Autorin, Verlag und Medien als Publikum zum Gaffer machen lassen für so ein schaumschlägerisches Spektakel? - Wie bitteschön rechtfertigt der hehre Literaturbetrieb seinen Anspruch moralischer Überlegenheit über das korrupte Fernsehen, wenn die Verhältnisse in beiden Metiers offenbar längst dieselben sind?

 

Charlotte Roche ist ein klassisches Container-Produkt. Machen wir uns nichts vor. Ich hab in die Leseprobe der "Schoßgebete" reingelesen: die Frau kann nicht schreiben und konnte es vermutlich noch nie. Wenn man jetzt noch berücksichtigt, daß bei ihrem Werk vermutlich ein hoher Prozentsatz dem Einfluß des Lektors zuzuschreiben ist (wie natürlich bei allen Verlagsproduktionen), dann läßt das fürs Ausgangsmanuskript Übles ahnen. Ein drittes Buch aus ihrer Feder wird nur noch für treue Fans sein. Ein viertes? Würde floppen, sollte es eins geben. Oder es werden schon ihre Memoiren sein.

 

Bei der Beschreibung der Handlung von "Schoßgebete" kann man nur die Brauen hochziehen. Es gibt überhaupt keine Geschichte. Triviale Alltags- und/oder Sexerlebnisse aus einem frustrierenden Hausfrauendasein könnten ja ganz witzig sein. Wenn jemand erzählen kann.

 

Aber darum geht es nicht. Es geht, im Literaturbetrieb ebensowenig wie im Musik- oder TV-Business, überhaupt nicht darum, etwas zu tun. Man muß nichts können, nichts leisten, noch nicht einmal etwas erlebt haben. Man muß nur jemand sein.

 

Von Beruf wichtig. - Und da wundern wir uns, warum die Deutschen nicht mehr die gleichen großen Erzähler hervorbringen wie die Amerikaner?

 

Natürlich weiß man das alles, aber es gibt Tage, da frustriert's mich mehr als an anderen. Daß ich nicht mal in der Früh die Zeitung aufschlagen kann, ohne mich mit Belanglosigkeiten wie Fräulein Roche konfrontiert zu sehen, hat mir heute wirklich die gute Laune verdorben.

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Kommentare: 1
  • #1

    Michael (Sonntag, 30 Oktober 2011 15:18)

    Leider ist es so, dass es oft nur die Tatsache ist, da steht jemand bereits im Rampenlicht, dass er/sie veröffentlicht wird. Aber niemand muss es dann kaufen - zum Glück.

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